Karin Peinsipp wohnt in Leibnitz und ist eine fantastische Geschichten-Autorin. In “Die Hexe im Wohnhaus” überlegt sie, wie das Zusammenleben einfacher werden könnte – mit ganz ungewöhnlichen Maßnahmen.
Die Hexe im Wohnhaus
Die Hexe der Schubertstraße lebte in einem Wohnhaus gemeinsam mit ihren Mitbewohnern. Sie besaß magische Fähigkeiten, die sie für gute Zwecke einsetzte und ihren Mitmenschen den Tag erleichterte. Sie nützte diese auch, um etwas Freude zu verbreiten.
Auch ihr Bruder lebte bei ihr, der ständig von Bären redete. Er meinte aus Spaß, er wäre gerne für einen Tag ein Bär.
Und so dachte sich die Hexe: “Warum nicht? Dann erfülle ich ihm eben diesen Wunsch!”
Als ihr Bruder am nächsten Morgen aufwachte, hatte er plötzlich ein Fell und große Tatzen. Er stellte fest, er ist tatsächlich ein Bär. Die Betreuer waren verwirrt und etwas ängstlich, denn was machte ein Bär mitten im Wohnzimmer?
Dann kam der Hexe eine Idee. Was wäre, wenn das Wohnhaus für einen Tag ein Zoo wäre? Wie würde das Zusammenleben sein? Vielleicht kamen dann selbst all jene gut miteinander aus, die sich nicht so sehr mochten?
Die Hexe glaubte, das Zusammenleben könnte sich für alle für immer verbessern, wenn jeder merkte, dass man trotz Unterschiede an einem Strang ziehen musste, um etwas zu erreichen. Also hatte dieses Experiment für die Hexe das große Ziel, das Miteinander zu fördern.
Die Hexe holte ihr Zauberbuch und zauberte wild darauf los. Auf einen Schlag verwandelten sich alle im Wohnhaus in ein Tier. Doch nicht nur das! Das gesamte Wohnhaus wurde zu einem Zoo.
Plötzlich war ein Elefant zu sehen, ein Löwe, ein Affe, Schlangen, ein Zebra, ein Pferd und ein Pony irrten überall umher. Auch Fische schwammen im Waschbecken quirlig in alle Richtungen. Alle waren extrem verwirrt, auch die Betreuer wussten nicht, was sie tun sollten.
Doch alle im “Zoo” erkannten nun: Sie mussten zusammenhalten und durften nicht streiten. Denn nur so könnten sie wieder in ihre alte Form zurückkehren und die Betreuer zeigten, wer sie wirklich sind. Sie mussten sich zusammenschließen, um gemeinsam leben zu können.
Einige Zeit später erkannten sie tatsächlich, wie unterschiedlich sie waren und trotzdem gleich. Das gemeinsame Ziel, ihre menschliche Form zurückzubekommen, schweißte zusammen, genau wie sich die Hexe erhoffte.
Als die Hexe erkannte, was hier geschah, und sah, wie schön das doch war, dass alle zusammenhielten, beschloss sie, alle wieder zurück zu verwandeln.
Als alle wieder in ihre alte Form zurückkehrten, war doch alles verändert. Alle lernten etwas für ihr Leben, alle kamen besser miteinander aus und lebten glücklich zusammen, weil sie froh waren, dass die Hexe sie zurückverwandelte und weil sie erkannten, wie wichtig es war, gut miteinander auszukommen und zusammenzuhalten, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Auch die Betrauer freuten sich, dass alle wieder menschlich waren, denn somit brauchten sie keine Ausbildung zum Zoowärter mehr.
Text: Karin Peinsipp
Dieser Text ist als Einreichung zum Literaturpreis Ohrenschmaus entstanden.